Jüdische Menschen sind entsetzt über Interview in der Saarbrücker Zeitung

Gemeinsame Stellungnahme der Synagogengemeinde Saar und der Christlich-Jüdischen
Arbeitsgemeinschaft des Saarlandes (CJAS)

Wir als Synagogengemeinde des Saarlandes möchten gemeinsam mit der Christlich-Jüdischen
Arbeitsgemeinschaft des Saarlandes (CJAS) die jüngsten Aussagen der Chefredaktion und des
Redaktionsbeirats der Saarbrücker Zeitung im Zusammenhang mit dem von der Union Stiftung
kritisierten Interview „Viele Palästinenser sind eingeschüchtert“ von Esther Brenner am Freitag, den
19. April 2024, einordnen.

Die Saarbrücker Zeitung besitzt als einzige Tageszeitung im Saarland ein Monopol. Daraus
resultiert eine besondere Verantwortung und Sorgfaltspflicht bei der Berichterstattung. Wir werden
anhand von einer einzigen aus einer Vielzahl von propagandistischen und nicht kritisch
hinterfragten Aussagen im besagten Interview exemplarisch zeigen, wie die Saarbrücker Zeitung
ihre Sorgfaltspflichten verletzt hat. Viele jüdische Gemeindemitglieder sind darüber entsetzt.

Als Antwort auf die Frage, ob die eingewanderte muslimisch-arabische Community in Deutschland
genug über den Holocaust und die Shoa weiß, antwortete Hamdan Almasri: „Ja natürlich! Das wird
in der Schule in Gaza unterrichtet!“ Tatsächlich weisen Organisationen wie das Institute for
Monitoring Peace and Cultural Tolerance in School Education (IMPACT-se) seit Jahren darauf hin,
dass in palästinensischen Schulbüchern extremistische Narrative verbreitet werden. Diese enthalten
Hass gegen Juden und verherrlichen blutige Gewalt gegen Israelis. Ein Buch für Neuntklässler
feiert beispielsweise das Verbrennen von Juden durch Molotowcocktails als „Barbecue-Party“.
Selbstmordattentäter werden oft als Helden gefeiert, und der Holocaust wird in den
palästinensischen Schulbüchern gänzlich verschwiegen.

Brenner hinterfragt diese und viele andere propagandistische Aussagen nicht. Einige wurden in der
Stellungnahme der Union Stiftung zurecht problematisiert. Wer bei diesem emotional hoch
aufgeladenen Thema bei klar kontrafaktischen und den Staat Israel dämonisierenden Aussagen nicht
kritisch nachfragt, dem kann man mindestens Ahnungslosigkeit vorwerfen und im schlimmsten Fall
gezieltes Schüren antiisraelischer Ressentiments. In ihrer jüngsten Reaktion auf die Kritik seitens
der Unionstiftung verweisen die Chefredaktion und der Redaktionsbeirat der Saarbrücker Zeitung
auf die Grundsätze der Überparteilichkeit und Objektivität. Unserer Ansicht nach hat Brenner gegen
jene Grundsätze in vielerlei Hinsicht verstoßen. Sie führte das Interview einseitig und unkritisch,
stellte sich geradezu in den Dienst der Interviewten und trug damit zur Verbreitung antiisraelischer
Propaganda bei.

Die Behauptung der Chefredaktion, dass besagtes Interview keine Gefahr für jüdische Mitbürger im
Saarland darstelle, weisen wir entschieden zurück. Nahezu sämtliche Mitglieder der
Synagogengemeinde Saar trauen sich nicht mehr mit jüdischen Symbolen auf die Straße. Lediglich
ein Nachfahre jener Juden, die von Oscar Schindler gerettet wurden, gibt sich öffentlich als Jude zu
erkennen und wurde nach dem 7. Oktober bereits zweimal in der Bahnhofsstraße in Saarbrücken
tätlich angegriffen. Aus Sicherheitsgründen will er namentlich nicht genannt werden. Sein Name ist
der Synagogengemeinde Saar bekannt. Diese Art der Israel-dämonisierenden Berichterstattung
gefährdet das Leben jüdischer Menschen im Saarland. Potenzielle Angreifer fühlen sich in ihren
Vorurteilen bestärkt.

Wir bedauern zutiefst, dass sowohl die Saarbrücker Zeitung als auch die Villa Lessing – Liberale
Stiftung Saar und die Demokratische Gesellschaft Saar (DGS) Kritik der Unionstiftung am besagten
Interview als Angriff auf die Pressefreiheit deuten. Unsere Anliegen sind legitim, und wir vertreten
sie im Interesse einer ausgewogenen Berichterstattung.

 

Evgenij Mrinski – Geschäftsführer der Synagogengemeinde Saar

Prof. Herbert Jochum – Kath. Vorsitzender der Christlich-Jüdischen

Arbeitsgemeinschaft des Saarlandes